Drohende Mietpreis-Explosion durch Klimaschutz in Dresden

Damit Dresden klimaneutral wird, müssen etliche Gebäude saniert werden. Das wird Milliarden kosten. Wer wird das bezahlen?

Dresden. Mehr als 80 Prozent der Dresdner wohnen in der Stadt zur Miete. Jetzt könnten steigende Mietpreise auf sie zukommen. Grund dafür sind Sanierungsmaßnahmen für den Klimaschutz: Fassaden müssen gedämmt und Dächer modernisiert werden. Damit das Wohnen bezahlbar bleibt, sollte sich einiges ändern auf dem Dresdner Wohnungsmarkt.

 

Wie stark ist der Gebäudesektor für den Klimawandel verantwortlich?

Wohnen hat Folgen für das Klima. Laut dem Umweltbundesamt verursacht der Gebäudesektor etwa ein Drittel der deutschlandweiten CO2-Emissionen. Bis 2050 soll deshalb der Gebäudebestand nahezu klimaneutral werden. Dieses Ziel hat sich die Bundesregierung im Rahmen der Energiewende gesetzt. Um das zu erreichen, müssen etliche Häuser in Dresden saniert werden.

 

Wie viel wird der Klimaschutz den Dresdner Mietermarkt kosten?

Auf Dresden könnte eine gewaltige Sanierungswelle zukommen, warnt das Pestel Institut aus Hannover. Grund seien die Klimaschutz-Ziele der Bundesregierung – und die kosten Geld: Rund 838 Millionen Euro pro Jahr müssen Wohnungseigentümer in Dresden in den nächsten 20 Jahren zahlen, damit die Gebäude klimaneutral werden. Bis 2045 werden sie also insgesamt 19,4

Milliarden Euro investieren. Folge davon könnte sein, dass die Sanierungskosten auf dem Rücken der Mieter abgeladen werden, so das Pestel Institut.

Auch Wissenschaftler Markus Egermann vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden warnt vor steigenden Kosten. Wie hoch sie genau sein werden, kann er nicht beziffern.

 

Wie viele Wohnungen müssen in Dresden saniert werden?

Was Dresden von westdeutschen Städten abhebt, ist das hohe Sanierungsniveau. Denn in den 1990er sind über 90 Prozent der Wohnungen in Dresden modernisiert worden, heißt es aus dem Dresdner Wohnkonzept von 2019. Nach zwanzig Jahren sei nun aber mit einer neuen Sanierungsphase zu rechnen. Ein Drittel der privaten Eigentümer haben schon ein zweites Mal ihre vermieteten Gebäude modernisiert, heißt es vom Haus & Grund Sachsen. Auch bei den Genossenschaften sind fast 97 Prozent der Wohnungen saniert. Dadurch konnte der Verbrauch um 60 Prozent reduziert werden, so der sächsische Genossenschaftsverband.

Dem Dresdner Wohnungsmarktbericht zufolge steht dennoch mindestens einem Viertel der Wohnungen eine energetische Modernisierung bevor, fünf Prozent seien noch gar nicht saniert. Und um tatsächlich klimaneutral zu werden, müssen laut dem Pestel Institut insgesamt 80 Prozent der Mietwohnungen in Dresden saniert werden.

 

Was sagen die Eigentümer?

Auch die Eigentümer warnen vor erheblichen Sanierungskosten in den nächsten Jahren. "Fakt ist, die Forderung nach bezahlbarem Wohnen bei gleichzeitiger Erfüllung der Klimaschutzziele ist nicht einlösbar", sagt René Hobusch von Haus & Grund Sachsen. Er vertritt die Interessen der Eigentümer.

"Um das Wohnen trotz notwendiger Klimaschutzmaßnahmen bezahlbar zu halten, fordern wir staatliche Förderprogramme und die Rückzahlung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in Form eines Klimageldes sowie die Streichung der EEG-Umlage", erklärt Hobusch.

Werden die Eigentümer nicht vom Staat bezuschusst, müssen die Kosten auf die Mieter zum Teil umgelegt werden, warnt Christian Rietschel vom Haus & Grund Dresden. Kleinere Vermieter könnten sich die hohen Investitionskosten sonst nicht leisten. Sie müssen dann ihre Wohnungen an große Immobilienfirmen verkaufen. Diesen Trend beobachte er bereits jetzt schon.

Der Genossenschaftsverband warnt vor weiteren Herausforderungen, welche die Preise in die Höhe schießen lassen: der Engpass bei Handwerkern, die steigenden Baukosten, Lieferengpässe, sowie die wachsenden Energie- und CO2-Preise.

 

Wie können die Mieten trotzdem bezahlbar bleiben?

Ideen gibt es viele, damit das Wohnen weiterhin erschwinglich bleibt. So fordert ein Großteil der Verbände, die staatlichen Zuschüsse für die Sanierungsmaßnahmen zu erhöhen, beispielsweise um Fassaden zu dämmen und Heizungen auszutauschen.

Der sächsische Genossenschaftsverband verlangt außerdem, Prioritäten zu ändern. Statt die Sanierung zu fokussieren, solle man lieber auf eine Wärme- und Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen setzen. Denn die Dämmmaßnahmen seien nur bis zu einem gewissen Punkt wirtschaftlich sinnvoll, um Heizkosten einzusparen.

Drittens verlangt beispielsweise Stadtrat Thomas Löser (Grüne) eine schnelle Umsetzung des im Koalitionsvertrag beschlossenen Klimageldes auf Bundesebene. Das solle dann einen sozialen Ausgleich garantieren. Laut Löser dürfen die Kosten der energetischen Sanierungen nicht auf die Miete umgelegt werden. "Denn in erster Linie nützt die Sanierung neben dem Klimaschutz den Gebäudebesitzern und Besitzern, die ihre Immobilie modernisieren und energetisch aufwerten."

 

Und was könnte sich noch ändern, damit sich Klimaschutz und bezahlbares Wohnen nicht ausschließen?

Wissenschaftler Markus Egermann vom Leibniz-Institut weist auf zwei strukturelle Probleme hin: Demnach brauche jeder Deutsche immer mehr Platz fürs Wohnen, was einen erhöhten Energiebedarf nach sich zieht. Denkbar wäre also auf kleinerem Raum zu wohnen.

Der Wissenschaftler stellt außerdem die Frage: "Vorsorge oder Reparaturbetrieb? Wofür wollen wir das Geld ausgeben?" Er macht hier auf die hohen Kosten der Ereignisse im Ahrtal von knapp 30 Milliarden Euro aufmerksam. Durch den Klimawandel sei mit einem Risiko weiterer Schäden dieser Art zu rechnen.

 

Was ist mit einer Mietpreisbremse?

Damit die Mieten in Dresden nicht explodieren, will der Freistaat in diesem Jahr die Mietpreisbremse einführen. Dann darf in Dresden und Leipzig der Preis bei Neuvermietungen maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Zusätzlich gilt in Dresden die Kappungsgrenze. Das bedeutet: Innerhalb von drei Jahren darf sich die Miete maximal um 15 Prozent erhöht.

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